Wie Autoimmunerkrankungen geheilt werden könnten
Shownotes
Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie geht dieses Jahr an die US-Amerikaner Mary Brunkow und Fred Ramsdall und den japanischen Forscher Shimon Sakaguchi. Sie haben einen Mechanismus entdeckt, der verhindert, dass unser Immunsystem dem Körper schadet. Diese Woche fragen wir uns: Wie kann die Medizin diese Forschung nutzen, um Autoimmunkrankheiten zu behandeln und Krebs zu bekämpfen?
Gast: Anna Weber, NZZ-Wissenschaftsredaktorin Host: Lena Waltle
In dieser Folge hörst du ausserdem: Christian Münz, Professor für Experimentelle Immunologie an der Universität Zürich Mike Recher, Immunologe am Universitätsspital und an der Universität Basel Die ersten Reaktionen der Nobelpreisträger
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Transkript anzeigen
00:00:04: Das ist Quantensprung.
00:00:06: Ein Podcast der NCZ über Forschung, die bewegt.
00:00:17: Der Sekretär der Nobelversammlung betritt am Montagvormittag einen unscheinbaren Hörsaal in Stockholm, Schweden.
00:00:25: Er geht zum Pult.
00:00:26: Er wendet sich den wenigen Journalisten und Kameras im Saal zu
00:00:33: und
00:00:33: verkündet die Gewinner des Nobelpreises für Medizin und Physiologie.
00:00:40: Fred Ramstell
00:00:41: und Shimon Sakaguchi.
00:00:44: Vor deras upptäckter, rörande Perifier-Immuntoberanz.
00:00:49: Dank dieser drei Wissenschaftler verstehen wir besser, wie unser Immunsystem im Körper funktioniert.
00:00:56: Und dieses Wissen kann der Medizin dabei helfen, Krankheiten zu behandeln.
00:01:00: Multiplisklerose, Neurodermitis, Rheuma, Diabetes Typ I und noch viel mehr Krankheiten, die sind alle ... durch das Immunsystem verursacht und die könnte man besser therapieren und heilen.
00:01:12: Man könnte auch Organtransplantationen besser verträglich machen und im besten Fall sogar Krebstherapien entwickeln.
00:01:21: Bronco, Ramstell und Sakagushi haben ihre Entdeckungen zum Immunsystem schon vor über zwanzig Jahren gemacht.
00:01:28: Doch die Therapien fehlen trotz dieser Grundlagenforschung immer noch.
00:01:32: Was hält uns auf?
00:01:34: Und warum ist diese Forschung heute einen Nobelpreis wert?
00:01:38: Ich bin Lena Walte, Wissenschaftsredaktorin der NCZ.
00:01:42: Willkommen zu Quantensprung, ein Podcast über Wissen, das Zukunft
00:01:46: schafft.
00:01:55: Jedes Jahr steht die Nobelversammlung vor der gleichen Herausforderung.
00:01:59: Sie muss irgendwie die ausgezeichneten Forscher per Telefon erreichen.
00:02:12: Der japanische Professor Shimon Sakagushi ist zufällig in seinem Labor an der Universität in Osaka.
00:02:23: Aber oft passiert das, was die diesjährige Gewinnerin Mary Brankhoff erzählt.
00:02:34: Die Amerikanerin lebt in Seattle und sie erhält den Anruf aus Schweden um drei Uhr morgens.
00:02:39: Ortszeit.
00:02:49: Sie glaubt, der Anruf ist ein Spam.
00:02:51: Drückt ihn weg und schläft einfach weiter.
00:02:54: Broncos Kollege Fred Ramstell erreichen die Schweden erst zwölf Stunden später.
00:03:00: Denn Ramstell ist mit seiner Frau in den Bergen in Wyoming in der Nähe des Yellowstone National Parks campen.
00:03:10: Und dort gibt es einfach keinen Empfang.
00:03:12: Bis sie irgendwann durch einen kleinen Ort fahren und seine Frau jede Menge Nachrichten bekommt.
00:03:22: Sie fängt an zu schreien, Und Ramstall befürchtet, es wäre ein Grizzly Bear in der Nähe.
00:03:31: Aber es ist kein Bear, sondern der Nobelpreis.
00:03:39: Mary Brunkhoff, Fred Ramstall und Shimon Sakaguchi forschten in den Neunzigern daran, wie das Immunsystem sich selbst kontrolliert.
00:03:47: Wie es Krankheiten verhindert, aber gleichzeitig auch Krankheiten auslösen kann.
00:03:52: Sogenannte Autoimmunkrankheiten.
00:03:55: Zu denen hat doch Anna Weber geforscht.
00:03:57: Meine Kollegin aus dem NCZ Wissenschaftsteam.
00:04:00: Unser Immunsystem, das ist ja wirklich Tag und Nacht beschäftigt.
00:04:04: Das muss alle möglichen schädlichen Eindringlinge bekämpfen können.
00:04:07: Bakterien, Viren, Parasiten.
00:04:10: Also das kann die Grippe sein oder herbes Viren, die Salmonellen.
00:04:14: Vor allem schützt uns das Immunsystem.
00:04:17: Das klingt einfacher als es ist, denn viele dieser schädlichen Eindringlinge sehen sehr ähnlich aus wie zum Beispiel wichtige Daumbakterien oder sogar unsere eigenen Organe.
00:04:27: Das Immunsystem hat wirklich eine schwierige Aufgabe, weil es muss gleichzeitig alle gefährlichen Eindringlinge wie jetzt das Coronavirus vernichten und gleichzeitig aber unseren Körper selbst, die Leber, das Herz, die Haut verschonen.
00:04:42: In den meisten Fällen kann unser Immunsystem ziemlich gut unterscheiden.
00:04:46: Wer feint und wer freund ist, wann es Alarm schlagen muss und wann alles gut ist.
00:04:51: Meistens.
00:04:52: Bei manchen Menschen reagiert das Immunsystem komplett über.
00:04:56: Es schlägt Alarm, wenn jemand Erdnüsse ist oder Erdbeeren oder Meeresfrüchte.
00:05:01: Dann hat die Person Allergien.
00:05:03: Und manchmal kann das Immunsystem einen fremden Eindringling nicht von den eigenen Zellen unterscheiden und greift den eigenen Körper an.
00:05:10: Wenn das Nervensystem angegriffen wird, bekommt man multiplis Klerosa.
00:05:15: Wenn es die Haut betrifft, dann hat man Neurodermitis.
00:05:17: Wenn es die Gelenke sind, hat man Rheuma.
00:05:20: Bei der Hashimoto-Krankheit wird die Schildtrüse angegriffen.
00:05:23: Wenn die Insulin produzieren, entzellen in der Bauchspeicheltrüse angegriffen werden, dann bekommt man Typ I Diabetes.
00:05:29: An diesen Krankheiten forscht auch Mike Recher.
00:05:32: Er ist Immunologe und betreut Patienten mit Autoimmunerkrankungen am Universitätsspital Basel.
00:05:38: Er sagt,
00:05:39: das sind bis zu fünfzehn Prozent der Bevölkerung einmal im Leben an einer sogenannten Autoimmunerkrankung erkrankt, die entstehen, weil das Immunsystem den eigenen Körper angreift.
00:05:51: Dann hilft fast nur eines, das gesamte Immunsystem schwächen.
00:05:55: Dass da immer noch das gute alte Kortison immer noch das erste Mittel der Wahl ist, was auch oft wirkt, aber eben sehr unspezifisch.
00:06:04: Das Cortison hat eben leider einige Nebenwirkungen.
00:06:07: Es schwächt die Knochen, es schwächt auch die Muskeln, man nimmt Gewicht zu und man hat eben auch mehr Infektionen, weil das Cortison einfach im ganzen Körper das Immunsystem insgesamt runterfährt.
00:06:19: Die Erkenntnisse der drei neuen Nobelpreisträger geben Hoffnung, dass wir etwas Besseres als Cortison zur Behandlung dieser Krankheiten finden können.
00:06:27: Dank ihnen wissen wir besser, wie das Immunsystem funktioniert.
00:06:31: Ehrlich gesagt, Je mehr man über das Immunsystem lernt, umso mehr fragt man sich, warum haben wir eigentlich nicht alle die ganze Zeit Autoimmunerkrankungen?
00:06:41: Auf diese Frage hat nur der Körper eine Antwort.
00:06:44: Er hat für das Problem einen Mechanismus entwickelt.
00:06:47: Und den haben die Forscher entdeckt, die jetzt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
00:06:52: Also das ist etwas essentielles diese Immunregulation.
00:06:56: Das entscheidende Element in diesem Mechanismus sind die sogenannten regulatorischen T-Zellen.
00:07:02: T-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems.
00:07:05: Sie gehören zu unseren weißen Blutkörperchen.
00:07:13: Es gibt drei Sorten von T-Zellen.
00:07:17: Es gibt die Sorte, die Zellen angreift, die infiziert sind.
00:07:21: Es gibt die Sorte, die die gesamte Immunreaktion koordiniert, mit allen Zellen sich abspricht.
00:07:27: Und es gibt die dritte Sorte, das sind die regulatorischen T-Zellen, die hält die ersten beiden Sorten in Schach.
00:07:35: T-Zellen sind im ganzen Körper unterwegs und halten Ausschau nach Viren und kranken Zellen.
00:07:40: Sobald sie welche finden, schlagen sie Alarm.
00:07:44: Dabei ist jede dieser T-Zellen mit einer Art Antenne ausgestattet, einem sogenannten Rezeptor.
00:07:50: Und jede Antenne ist darauf trainiert, genau einen Feind zu erkennen.
00:07:55: Wir haben in unserem Körper Millionen verschiedene T-Zellen mit unterschiedlichen Rezeptoren.
00:08:02: Und jede davon erkennt etwas anderes.
00:08:04: Es gibt T-Zellen, die Schlagenalarm, wenn sie das Coronavirus erkannt haben.
00:08:08: Andere Schlagenalarm, wenn sie ein Grippevirus finden.
00:08:11: Und dann gibt es eben leider welche, die Schlagenalarm, wenn sie eine Hautzelle gefunden haben.
00:08:16: Dann greift das Immunsystem die Haut an, tötet dort Zellen.
00:08:19: Und ich bekomme eine Entzündung, einen Ausschlag, es juckt.
00:08:24: Dass unser Körper etwas herstellt, das bei einer normalen, harmlosen Hautzelle Alarm schlägt, klingt im ersten Moment ziemlich sinnlos.
00:08:32: Aber unser Körper hat einen guten Grund dafür.
00:08:36: Unser Immunsystem muss sich ja prinzipiell gegen alles Mögliche wehren können.
00:08:40: Also sogar gegen solche Eindringlinge, die es vorher noch nie gegeben hat.
00:08:45: Das Coronavirus zum Beispiel war ja ein komplett neues Virus.
00:08:48: Das ist zuvor noch keinem einzigen Menschen je begegnet.
00:08:52: Und trotzdem ... konnte unser Immunsystem darauf reagieren und bei den allermeisten Menschen dieses Virus sogar erfolgreich bekämpfen.
00:09:01: Um wirklich jeden Eindringling und jedes Virus zu erkennen, werden diese Antennen der T-Zellen in allen denkbaren Varianten gebaut.
00:09:09: Und wenn ich Millionen verschiedener Antennen zufällig zusammenbaue, dann ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für jeden potenziellen Eindringling die richtige Antenne dabei.
00:09:20: Bei so vielen verschiedenen Antennen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass eine Antenne dabei ist, die eine eigene Hautzelle oder Nervenzelle für einen Eindringling hält.
00:09:30: Und das ist gefährlich.
00:09:32: Deswegen müssen junge T-Zellen, wenn die frisch geboren sind quasi, zuerst mal in die Schule gehen.
00:09:38: Und da werden die sehr, sehr hart getestet.
00:09:41: Und zwar wird genau getestet, ob sie mit ihrer Antenne irgendeinen Teil des Körpers erkennen und angreifen würden.
00:09:49: Und wenn das der Fall ist, dann werden diese T-Zellen knallhart aussortiert.
00:09:54: Dieser ganze Prozess passiert im Tymus.
00:09:57: Das ist so ein kleines Organ ganz unten am Hals.
00:10:00: Und wegen dem Tymus heißen diese Zellen auch T-Zellen.
00:10:04: Im Tümus sortiert der Körper ganz viele potentielle Querschläge aus.
00:10:09: Aber auch bei dieser harten Prüfung schummeln sich manchmal ein paar faule T-Zellen durch.
00:10:15: Solche T-Zellen können dann eben zur Autoimmunerkrankung führen.
00:10:19: Also wenn diese T-Zelle beispielsweise so eine Antenne hat, mit der sie diese Insulin produzierenden Zellen im Pankreas erkennt, dann beginnt sie die anzugreifen, diese Zellen sterben ab.
00:10:30: Und die Patienten können eben kein Insulin herstellen und bekommen Diabetes Typ I.
00:10:36: Zum Glück hat unser Körper noch ein weiteres Sicherheitssystem, die regulatorischen T-Zellen.
00:10:42: Das sind quasi die Aufpasser-Zellen für die anderen T-Zellen.
00:10:45: Diese regulatorischen T-Zellen sind so ein bisschen die interne Polizei, die diese Verräter aufspürt.
00:10:54: wenn so eine gefährliche T-Zelle diesen Filter überlebt hat.
00:10:58: Und jetzt gerade anfangen will, die Zellen in meiner Bauchspeicheltruise anzugreifen, dann stellt sich diese regulatorische T-Zelle, die da aufpasst, die stellt sich quasi dazwischen und hält die auf.
00:11:10: Und diese aufpasser T-Zellen, die hat Shimon Sakagushi in den Neunzigern entdeckt.
00:11:20: Also die finden schon sehr bekannt, wobei derjenige, der da schon etwas heraussticht unter den drei Forschern, ist schon der Prof.
00:11:29: Simonis Akagushi.
00:11:30: Sagt
00:11:30: Christian Münz.
00:11:32: Er verstand der Universität Zürich an den Ursachen für Autoimmunerkrankungen.
00:11:36: Sakagushis Arbeit wird heute gefeiert.
00:11:38: Doch zu Beginn in den Neunzigern, da stieß er auf sehr viel Skepsis.
00:11:43: Denn viele Wissenschaftler glaubten ihm damals gar nicht, dass es diese regulatorischen T-Zellen, diese Aufpasserzellen im Immunsystem wirklich gibt.
00:11:51: Also diese Aktivität des Immunsystems war vorher vielleicht nicht gut genug charakterisiert worden, dass die Leute wirklich groß dran geglaubt hätten.
00:12:00: Und er hat dem diesen Zellen wirklich zum Teil zum Durchbruch verholfen.
00:12:05: Erst die Experimente von Mary Brunkhoff und Fred Ramstell haben den entscheidenden Beweis geliefert.
00:12:11: Die beiden haben Mäuse untersucht, die ganz, ganz starke Autoimmunerkrankungen haben.
00:12:17: Und zwar quasi gegen alles.
00:12:19: Also die haben alle Autoimmunerkrankungen auf einmal.
00:12:22: Und die beiden wollten herausfinden, warum.
00:12:25: und haben in ihrer Forschung ein ganz bestimmtes Gen gefunden.
00:12:29: Das war bei den Mäusen mutiert und wegen dieser Mutation hatten sie diese starken Autoimmunreaktionen.
00:12:35: Und sie haben dann später auch noch gefunden, dass es sogar auch Menschen gibt, die eine Mutation in diesem Gen haben und die leiden eben auch sehr stark an Autoimmunerkrankungen.
00:12:46: Dieses Gen war das fehlende Puzzlestück.
00:12:48: Damit haben Sakagushi, Brankov und Ramstell gezeigt, dass diese regulatorischen T-Zellen existieren und das Immunsystem in Schach halten.
00:12:57: Und sie haben geklärt, warum das Immunsystem zwar manchmal unserem Körper angreift, aber uns meistens sehr gut schützt.
00:13:04: Und wenn man besser versteht, wie diese sogenannten regulatorischen T-Zellen funktionieren, dann kann man die hoffentlich in Therapien benutzen.
00:13:12: Und von da würde man sich natürlich denken, dass die evolution, während der Evolution ein System ausgebildet hat, das schon am besten geeignet ist, um die Integrität unseres Körpers sicherzustellen.
00:13:24: Und man vielleicht als erstes für Therapien in vielen Bereichen, sodass ich an den Immunsystem denken sollte, als vielleicht die beste Art und Weise, Krankheiten zu beseitigen.
00:13:34: Im Moment laufen über zweihundert klinische Studien, in denen alle möglichen Ideen ausprobiert werden, wie das Immunsystem kontrolliert werden könnte.
00:13:44: All diesen Versuchen ist gemein, dass man effektiv probiert, diese regulatorischen T-Zellen als so eine Art Schieberegler fürs Immunsystem zu benutzen.
00:13:55: Also man kann dann damit das Immunsystem ein bisschen stärker machen oder ein bisschen schwächer.
00:14:01: Wenn jemand zum Beispiel eine Autoimmunerkrankung hat, dann versucht man, seine regulatorischen T-Zellen zu stärken oder ihm mehr davon zu geben, sodass die diese falsche Immunreaktion aufhalten.
00:14:14: Wenn man die regulatorischen T-Zellen verstärkt, kann man das Immunsystem also etwas herunterfahren, ganz ähnlich wie man das mit dem Cortison auch machen würde.
00:14:23: Und auch wenn jemand ein Organ transplantiert bekommen hat und ich ja nicht möchte, dass das Immunsystem dieses neue Organ angreift, dann können mehr regulatorische T-Zellen helfen, um das Immunsystem etwas zu unterdrücken.
00:14:36: Aktuell wird das Immunsystem vor allem durch eine Behandlung mit Cortison geschwächt.
00:14:42: Dabei wird das ganze Immunsystem heruntergefahren.
00:14:45: Bei einer Therapie mit T-Zellen könnte das Immunsystem nur in bestimmten Teilen des Körpers abgeschwächt werden.
00:14:51: zum Beispiel in der Haut oder in der Leber.
00:14:54: Trotzdem könnte sich der Körper aber immer noch gegen jede Grippe wehren.
00:15:01: Manche Forscher denken sogar noch weiter.
00:15:04: Bei Krebs möchte man sich effektiv den umgekehrten Mechanismus zu Nutze machen.
00:15:09: Wir haben im Körper grundsätzlich T-Zellen, die auch unsere Krebszellen angreifen könnten.
00:15:14: Aber... Der Krebs sind ja auch ursprünglich mal unsere Zellen gewesen und deswegen passiert es auch da oft, dass sich solche regulatorischen T-Zellen quasi schützen davorstellen und die T-Zellen davon abhalten, unseren Krebs zu töten.
00:15:29: Wenn wir also weniger von diesen regulatorischen T-Zellen in den Körper bekommen, Wenn wir also diese regulatorischen T-Zellen gezielt schwächen, dann kann das Immunsystem besser den Krebs angreifen.
00:15:41: Die Herausforderung dabei ist, dass es sehr schwierig ist, das Immunsystem ganz exakt einzustellen.
00:15:47: Es braucht ein richtiges Fine-Tuning.
00:15:50: Und das hatte man, glaube ich, am Anfang vielleicht ein bisschen unterschätzt oder sich einfach gehofft, dass es einfacher sein würde.
00:15:56: Eine passende Behandlung zu finden, das ist jetzt die Aufgabe der nächsten Generation von Forschern.
00:16:01: Gut, dass jetzt der Nobelpreis das zu vergeben wurde, weil es dann auch den Feld und diesen Aktivitäten nochmal einen Boost geben wird, das auch verstärkt zu probieren.
00:16:11: Das hofft auch Simon Sakagushi in seinem ersten Interview mit dem Nobelpreiskomitee.
00:16:20: Das ist die Forschung, zu der er, Mary Brunkhoff und Fred Ramstell beigetragen haben, sehr bald auch für Patienten eingesetzt werden könnte.
00:16:28: So könnten Autoimmunerkrankungen und Krebs behandelt werden und Organtransplantationen sicherer gemacht werden.
00:16:49: Anna, die Entdeckung dieser Aufpassertätzellen, dieser regulatorischen T-Zellen und ihre Funktionen im Immunsystem, die stammt aus den neunziger Jahren.
00:16:58: Die Forschung ist teilweise schon in den achtziger Jahren gemacht worden.
00:17:02: Das heißt, die Medizin hat diese Information schon seit über dreißig Jahren.
00:17:06: Was hat sie denn bisher daraus gemacht?
00:17:08: Also, man muss sagen, wir haben schon seitdem immer mehr über das Immunsystem herausgefunden.
00:17:14: Und wir haben vor allen Dingen auch gelernt, das besser zu kontrollieren.
00:17:18: Und das ist zum Teil schon in der Klinik angekommen.
00:17:21: Vor allen Dingen bei der Krebsbekämpfung.
00:17:23: Da gab es in den letzten paar Jahren immer neue Immuntherapien, die auf die eine oder andere Art das Immunsystem nutzbar gemacht haben.
00:17:32: um Krebs zu bekämpfen.
00:17:33: Und das ist sehr, sehr erfolgreich.
00:17:35: Also da haben sich zum Teil die Mortalitätsraten von Krebs auch extrem verringert.
00:17:40: Und man hofft jetzt, dass man diese ähnlichen Methoden auch verwenden kann, um die regulatorischen T-Zellen als zusätzliches Werkzeug quasi im Werkzeugkasten zu haben, mit dem man das Immunsystem feinsteuern kann.
00:17:54: Das bedeutet aber, dass diese Wissenschaftler jetzt diesen Preis den Nobelpreis bekommen haben für Grundlagenforschung.
00:18:02: Denn eine wirkliche Therapie, die auf Basis dieses Wissens für Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden könnte, die gibt es ja noch nicht.
00:18:10: Absolut, genau.
00:18:11: Also der Preis ist dafür, dass sie geholfen haben, das Immunsystem viel, viel besser zu verstehen.
00:18:18: Aber die Autoimmunerkrankungen, die sind jetzt noch nicht so gut behandelbar.
00:18:23: Und wahrscheinlich wird es für sehr, sehr viele davon auch noch eine ganze Weile lang so bleiben.
00:18:28: Es ist leider so, dass wir diese regulatorischen T-Zellen nur dann gut gezielt einsetzen können, wenn wir die Entstehung der Autoimmunerkrankung auch gut verstanden haben.
00:18:38: Und bei ganz, ganz vielen ist das nicht der Fall.
00:18:41: Diabetes ist so der eine Fall, wo wir recht genau wissen, auf was genau das Immunsystem da reagiert.
00:18:49: Aber viel häufiger ist es so, dass man irgendwie weiß, ja Immunzellen, die greifen da die Haut an.
00:18:55: Aber wir wissen nicht so genau, was in der Haut ist es denn, dass diese Reaktion auslöst.
00:19:01: Und dieses fehlende Wissen, das wird uns auch im Weg stehen, wenn wir versuchen, Therapien zu entwickeln, die auf regulatorischen T-Zellen basieren.
00:19:10: Das bedeutet aber auch, dass es wahrscheinlich schwierig wird, eine Art von Therapie zu entwickeln, die dann für alle Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden kann, obwohl alle auf diese regulatorischen T-Zellen zurückgehen.
00:19:23: Genau.
00:19:23: Also theoretisch kann man regulatorische T-Zellen verwenden, um alle möglichen Autoimmunerkrankungen zu bekämpfen, aber nicht immer die gleichen regulatorischen T-Zellen.
00:19:35: Das heißt, genau wie du gesagt hast, es wird wahrscheinlich am Schluss für jede Erkrankung dann auch eine maßgeschneiderte Therapie geben müssen.
00:19:44: Das ist auch so, weil wir ja den Vorteil von diesen regulatorischen T-Zellen ausnutzen wollen, dass die nämlich ganz gezielt das Immunsystem regulieren können, eben zum Beispiel nur in einem bestimmten Gewebe.
00:19:56: Das ist der Vorteil, den die haben gegenüber Cortison zum Beispiel, was eben einfach das komplette Immunsystem dämpft.
00:20:03: Anna, zum Abschluss noch.
00:20:04: Warum haben Branko, Ramstell und Sakaguchi diesen Nobelpreis verdient?
00:20:09: Ich denke, sie haben schon einen sehr zentralen Teil des Immunsystems entdeckt und uns damit unglaublich geholfen, das besser zu verstehen.
00:20:19: Und ich denke, auch diese zwei Hundert klinischen Studien, die im Moment laufen mit regulatorischen T-Zellen, die zeigen ja, dass da auch für die Medizin viel Potenzial versteckt liegt.
00:20:31: Und ich denke, es ist durchaus realistisch, dass wir das in den nächsten paar Jahren auch nutzen.
00:20:39: Es gab diese Woche natürlich noch mehr Nobelpreise.
00:20:42: Die Portres der Gewinner und Hintergründe dazu haben wir im Wissenschaftsteam für euch in der NCZ aufgeschrieben.
00:20:48: Das alles findet ihr in unserem Quantensprung Newsletter.
00:20:51: Den Link packe ich euch in die Show Notes.
00:20:53: Ich freue mich, wenn ihr den Newsletter abonniert.
00:20:56: Das war Quantensprung, ein Podcast über Forschung, die bewegt.
00:20:59: Ich bin Lena Walfe und wir hören uns wieder nächste Woche.
Ulrich N Günther
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