Schweizer KI - Europas Alternative zu Chat-GPT?
Shownotes
Im September hat die Schweiz eine eigene öffentliche ChatGPT-Alternative veröffentlicht – Apertus. Forscher der ETH Zürich und der EPFL in Lausanne haben sie als offenes, transparentes, kontrollierbares Modell entwickelt. Es soll den Grundstein legen für eine souveräne, europäische Alternative. Wer die KI baut, bestimmt die Regeln: OpenAI, Microsoft, Apple, Google, Meta entscheiden welche Daten genutzt werden, welche Antworten erlaubt sind und wer Zugang bekommt. Keine europäische KI kommt derzeit an die Marktmacht und Fähigkeiten der ausländischen Konkurrenz heran. Kanzleien, Banken oder Behörden riskieren von den grossen Tech-Konzernen abhängig zu werden. Das Vorhaben ist ambitioniert: Im Vergleich mit anderen KI-Modellen zeigen sich einige Schwächen. Kann sich eine KI wie Apertus gegen die starke Konkurrenz aus dem Silicon Valley behaupten?
Host: Lena Waltle Gast: Ruth Fulterer, Wissenschaftsredaktorin NZZ
In dieser Folge hörst du ausserdem:
- Imanol Schlag, Co-Lead des Apertus Projekts und Forscher am ETH AI-Center
- Maria Grazia Giuffreda, Co-Direktorin des Schweizer Supercomputer-Zentrums CSCS in Lugano
Zu unserem Podcast NZZ Quantensprung gibt es auch einen wöchentlichen Newsletter. Im Newsletter haben wir das Thema für dich zusammengefasst und die wichtiges Fakten aufgeführt. Du findest dort auch weitere Artikel und Inspiration aus dem Wissenschaftsressort. Mails an quantensprung@nzz.ch
Transkript anzeigen
00:00:04: Das ist Quantensprung.
00:00:06: Ein Podcast der NZZ über Forschung, die bewegt.
00:00:17: Ich bin dafür überzeugt, dass die Generative KI grundsätzlich die Technologie unserer Zeit ist, die unsere Zeit definieren wird, genauso wie es der personellen Computer gemacht hat, das Web, das Smartphone.
00:00:30: Eine Handvoll Unternehmen dominiert den Markt für künstliche Intelligenz.
00:00:34: Darunter OpenAI mit JetGPT und die Suchmaschinenfirma Google.
00:00:41: Diese Technologie wird zur Zeit hinter geschlossenen Türen entwickelt.
00:00:44: Und ihr Bauplan ist gut gehütet.
00:00:46: Aber ich meine es nicht, was drinsteckt.
00:00:48: Es könnte sein, dass das Modell mir vielleicht schadet.
00:00:52: Dabei könnte es auch ganz anders gehen.
00:00:54: KI könnte transparent sein, dann würden wir wirklich wissen, welche Daten in das Modell einfließen und woher die stammen.
00:01:00: Und dadurch würden wir auch besser verstehen, woher die Antworten kommen, die uns KI gibt.
00:01:04: Künstliche Intelligenz schreibt Artikel.
00:01:06: Sie erstellt Kunstwerke, sie diagnostiziert Krankheiten.
00:01:09: KI ist mächtig.
00:01:11: Um sie kontrollieren zu können, müssen wir verstehen, wie sie zu ihren Ergebnissen kommt und wer darauf
00:01:17: Einfluss hat.
00:01:18: Wir wollen, dass diese Technologie nach unseren Prinzipien funktioniert.
00:01:24: Ich bin Lena Waldler.
00:01:25: Ich bin Wissenschaftsredaktorin der NCZ und heute geht es um eine alternative zur künstlichen Intelligenz der Tech-Giganten.
00:01:32: Eine, die freienutzbar, offen für jeden und kontrollierbar ist.
00:01:37: Die Schweiz hat gerade eine erste solche KI veröffentlicht.
00:01:41: Aber kann die gegen die starke Konkurrenz bestehen?
00:02:01: Emanuel
00:02:10: Schlag ist ehrlich besorgt, genau wie viele andere europäische Computerwissenschaftler.
00:02:15: Der Grund?
00:02:16: Die weltweit besten großen Sprachmodelle, also künstliche Intelligenz, die Texte versteht und erzeugt, werden fast ausschließlich von großen Technologiefirmen gebaut.
00:02:27: Sie alle entwickeln Computerprogramme, die menschliches Denken, menschliche Intelligenz, Nachahmen.
00:02:33: Das exponiert uns.
00:02:34: Und das macht auch eine gewisse Abhängigkeit, die dann auch etwas gefährlich werden kann.
00:02:39: Also die ganzen Daten gehen dann dorthin, die lernen dann auch viel mehr, was ist wichtig in diesem Bereich.
00:02:43: Keine europäische KI kommt derzeit an die Marktmacht der ausländischen Konkurrenz heran.
00:02:48: Das ist ein Risiko, findet Imanol Schlag.
00:02:51: Ein Risiko für Unternehmen, die KI in ihre Geschäftsmodelle integrieren.
00:02:55: Am Anfang ist vielleicht Open Air noch ein Partner, weil es... Teil des Tools ist, aber vielleicht ist es dann plötzlich mal ein Konkurrent, weil eine Open AI plötzlich einen ähnlichen Service anbietet mit einem Modell, dass sie nicht der Veröffentlichkeit zur Verfügung stellen.
00:03:10: Wenn Kai immer besser wird und wir sie immer mehr in unseren Alltag einbauen, dann könnte es nach und nach zum Problem werden.
00:03:17: Meine Kollegin Ruth Fulterer.
00:03:18: Sie schreibt im Tech-Team der NCZ über künstliche Intelligenz, Tech-Konzerne und neue Technologien.
00:03:24: Das kann man sich zum Beispiel vorstellen.
00:03:27: Eine Anwaltskanzlei hat eine KI Anwendung, die hilft, irgendwelche Rechtsfragen zu beantworten.
00:03:33: Und diese KI könnte dann so gut sein, dass du sie als Anwalt brauchst, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein.
00:03:39: Und das würde heißen, dass du ziemlich abhängig bist von Hersteller dieser KI.
00:03:43: Wenn dieser Hersteller zum Beispiel sagt, ich will diese KI jetzt direkt an Kunden anbieten und dich sozusagen ausschalten, dann hast du wirklich ein Problem.
00:03:53: Und ja, nach und nach entsteht so eine Abhängigkeit.
00:03:56: Seit Jahren spricht Europa über technologische Souveränität.
00:04:00: Also darüber, dass genau solche Abhängigkeiten gegenüber anderen Staaten oder ausländischen Unternehmen verhindert werden sollen.
00:04:08: Zwei Schweizer Universitäten zeigen eine Alternative.
00:04:11: Die ETH in Zürich und die EPFL in Lausanne.
00:04:15: Sie haben das KI-Modell Apertus entwickelt.
00:04:18: Seit September kann es jeder nutzen.
00:04:20: Also wenn man mit Apertus herum spielt, wird man merken, es ist jetzt nicht super gut.
00:04:25: Da sollte man sich aber nicht täuschen lassen, weil es ist eigentlich nicht ganz fair, Apertus mit ChatGPT zu vergleichen.
00:04:33: Das muss ich natürlich ausprobieren.
00:04:36: With Love from Switzerland steht zur Begrüßung auf der Homepage.
00:04:40: Wie bei ChatGPT gibt es ein Feld.
00:04:43: Hier kann ich meine Frage stellen.
00:04:45: Ich schreibe, was kannst du, Apertus?
00:04:50: Sofort kommt die Antwort.
00:04:51: Ich habe allgemeines Wissen.
00:04:53: Ich kann Fragen zu einer breiten Palette von Themen beantworten, wissenschaftliche Analysen machen, logisch denken, kreativ schreiben.
00:05:01: Okay, nächste Frage.
00:05:04: Die Österreicherin in mir möchte jetzt natürlich wissen, was dieses Schweizer Modell über das Nachbarland war.
00:05:12: Ich tippe, wie heißen die neuen Bundesländer von Österreich?
00:05:20: Okay, acht Bundesländer stimmen.
00:05:23: Aber in dieser Aufzählung fehlt das Burgenland.
00:05:27: Vielleicht kennt sich Apertus ja mit den Kantonen in der Schweiz besser aus.
00:05:31: Aber obwohl ich mehrfach nachfrage, bleibt Apertus bei dreiundzwanzig Kantonen.
00:05:36: Dabei sind es sechsundzwanzig.
00:05:38: Zürich,
00:05:39: Appenzell-Innerroden und Appenzell-Außerroden gehören laut dieser KI nicht zu Schweiz.
00:05:49: Chatchi Biti hat die Fragen richtig beantwortet.
00:05:53: Doch Virut sagt, Das ist kein sonderlich fairer Vergleich,
00:05:57: weil Chatchi-PT, das ist ein KI-System.
00:06:00: Da steckt zwar eine KI drinnen, so ein Grundlagenmodell, wie es eben auch Apertus ist.
00:06:06: Das ist die KI, die Sprache verarbeiten kann und ein gewisses Weltwissen hat.
00:06:10: Aber in Chatchi-PT stecken auch noch andere Sachen, zum Beispiel die Fähigkeit, etwas im Internet zu suchen.
00:06:15: Das fehlt eben bei Apertus noch.
00:06:18: Wir können uns das so vorstellen.
00:06:20: Apertus liefert bisher eigentlich nur die Basis und darauf können Unternehmen und Behörden ihre eigene KI aufbauen.
00:06:29: Das ist der eigentliche Vorteil dieser Art von KI.
00:06:32: Weder eine einzelne Person, noch ein Unternehmen, noch ein Land kann darüber entscheiden, wer Apertus nutzen kann und wie.
00:06:41: Das geht, weil Apertus eines von wenigen Open Source Modellen ist.
00:06:44: Das heißt im KI-Kontext, dass man weiß, welche Daten drin sind, wie es trainiert wurde, wie es danach bearbeitet wurde.
00:06:52: Dadurch weiß man zum Beispiel auch, welche ethischen Werte die KI hat.
00:06:56: Und all diese Informationen gibt es online und dazu auch noch den Code des Modells.
00:07:02: Man kann es direkt herunterladen und für sich selber nutzen.
00:07:05: Ein Beispiel, warum das gut ist.
00:07:07: Nehmen wir an, ein Unternehmen bekommt sehr viele Bewerbungen auf eine Managerstelle.
00:07:12: Das Unternehmen nimmt alle Lebensläufe und anschreiben und füttert damit ein KI-Modell.
00:07:17: Und die KI spuckt eine Vorauswahl der besten Bewerber aus.
00:07:22: Und alle ausgewählten Bewerber sind Mitte dreißig, männlich, weiß.
00:07:28: Bei den meisten KI-Modellen kann niemand nachvollziehen, warum diese Auswahl zustande gekommen ist.
00:07:36: Vielleicht hat die KI gelernt, dass Frauen keine Manager sein können und deshalb alle Frauen aussortiert.
00:07:42: Das kann sein oder auch nicht.
00:07:44: Ja, die meisten KI-Modelle sind komplett geschlossen.
00:07:47: Also, wenn ich bei ChatGPT was eingebe, habe ich keine Ahnung, also die Daten werden in die USA geschickt und ich habe keine Ahnung, wie die Antwort zurückkommt, was dahinter steckt.
00:07:56: Bei einer offenen KI wie Apertus ist das anders.
00:07:59: Ich kann nachschauen, auf Basis welcher Daten und Kriterien die KI die Bewerber ausgewählt hat.
00:08:05: Das Unternehmen mit der offenen Managerstelle kann die KI herunterladen.
00:08:09: dann läuft dieses Basismodell direkt auf seinen Computern.
00:08:13: So können sie die Daten der Bewerber sicher in das Modell füttern und nach ihren Anforderungen anpassen.
00:08:19: Und vor allem niemand anders, kein KI-Anbieter, kann ihnen ihr Modell wieder wegnehmen, es sperren oder einfach die Abo-Preise erhöhen.
00:08:33: Maria Grazia Giofreda ist Kodirektorin des Schweizer Supercomputerzentrums CSCS in Lugano.
00:08:44: Sie findet, dass KI auf keinen Fall den großen Techfirmen überlassen werden sollte, auch wenn die reiche und schneller sind.
00:08:51: Denn hier geht es um wertvolles Wissen.
00:08:59: Deshalb haben die Schweizer KI-Initiative auch offene KI entwickelt, die der Gesellschaft zugutekommen soll und die auch Schweizer Werte widerspiegelt.
00:09:17: eine KI zu entwickeln, die ihr Modell und ihre Daten offenlegt.
00:09:21: Das ist nochmal deutlich aufwendiger als eine geschlossene KI.
00:09:25: Doch gerade dieser Entwicklungsprozess ist der Grund, warum sich Apertus von der großen Konkurrenz unterscheidet.
00:09:34: Alles beginnt mit Sprache.
00:09:36: Das ist die Basis jeder generativen KI, also einer KI, die zum Beispiel Texte erstellt.
00:09:42: Also, damit generative KI funktioniert, braucht es erst mal ganz, ganz viele Daten.
00:09:48: Und die nehmen die Hersteller von diesen Modellen aus dem Internet.
00:09:52: Das sind Texte, zum Beispiel von Wikipedia, Reddit, die Internetplattform.
00:09:58: Es können aber auch Videos sein oder eben zum Beispiel Bücher, die digitalisiert sind.
00:10:02: Und klar ist aber für alle KI-Modelle, damit es ein gutes Modell ist, braucht man erstens ganz viele Daten und zweitens auch hochwertige Daten.
00:10:10: Wir haben auf Daten trainiert, die öffentlich zugänglich sind.
00:10:14: Und wir haben hier nun explizit ein Update respektiert, aber auch konkret Quellen, die illegal sind, haben wir herausgenommen.
00:10:22: Also wir sprechen hier von gestohlen Inhalten.
00:10:25: Wenn zum Beispiel ein Zeitungsartikel hinter einer Paywall ist oder der Betreiber einer Homepage wirklich nicht will, dass seine Daten von einer künstlichen Intelligenz genutzt werden, dann verzichtet der Parchs darauf.
00:10:36: Anders als OpenAI oder Google.
00:10:39: Der ganz große Grund, warum diese Firmen nicht verraten wollen, welche Daten in ihre KIs einfließen, ist, dass sie oft gar keine Erlaubnis haben, diese Daten zu verwenden.
00:10:48: Und das sind einerseits Sorgen um den Datenschutz.
00:10:52: Wenn du dir zum Beispiel vorstellst, Nachrichten, die du irgendwann auf Facebook geschrieben hast oder einen Eintrag aus dem Telefonbuch mit deiner Adresse ist in eine KI eingeflossen, könntest du das recht problematisch finden.
00:11:04: Und der zweite Punkt ist das Urheberrecht.
00:11:07: Da laufen auch schon Klagen, weil zum Beispiel klar ist, dass OpenAI Artikel der New York Times abgesaugt hat und in sein Modell eingefliessen hat lassen, ohne da je um Erlaubnis gefragt zu haben oder gar dafür Geld zu bezahlen.
00:11:21: Damit hat das Team von Imanol Schlag bewusst auf viele Trainingsdaten verzichtet.
00:11:25: Das hat seinen Preis.
00:11:27: Das ist der sogenannte Compliance Gap.
00:11:28: Da haben wir jetzt nur eine Performance Einbuße dadurch, dass wir auch Bücher und Medienartikel verzichten.
00:11:35: Grundsätzlich scheint da nicht viel Schaden genommen worden zu sein.
00:11:39: Selbst wenn wir die ganzen Mediendaten entfernen.
00:11:41: Das ist also die Basis der KI.
00:11:42: Die Daten.
00:11:50: Wir haben hier über tausend Sprachen schlussendlich drin.
00:11:53: Wir haben quasi alles in einen Topf geworfen.
00:11:55: Und in diesem Topf beginnt nun das Training der künstlichen Intelligenz.
00:12:00: Das Pre-Training ist so dort, wo wir auf einer großen Menge Dokumenten trainieren.
00:12:04: Da wird lediglich das nächste Wort vorausgesaugt.
00:12:07: Das braucht neunundneunzig, neun, acht Prozent der Rechnung.
00:12:12: Genau genommen nimmt man für das KI-Training die Daten her, also diese ganzen Texte, die man hat, und dann verdeckt man einzelne Teile der Daten, fast wie bei einem Lückentext.
00:12:22: Und dann lernt die KI nach und nach anhand von Beispielen, diese fehlenden Wörter vorherzusagen.
00:12:27: KI ist eigentlich eine riesige Wahrscheinlichkeitsrechnung.
00:12:30: Man nimmt diese ganzen Daten, von denen wir gesprochen haben, her, um ... Vorher zu sagen, was das nächste Wort ist.
00:12:38: Wenn man sich das Machen von Kair als Rezept vorstellt, dann sind die Daten, die Zutaten, die in das Rezept einfließen.
00:12:45: Aber damit man dieses Rezept durchführen kann, braucht es auch noch eine Küchenmaschine.
00:12:50: Und diese Küchenmaschine ist ein Supercomputer.
00:12:53: Und die Schweiz hat eben ein großes Glück, sondern zu haben, nämlich den Alps.
00:12:57: Dieser Alps steht im Supercomputerzentrum in Lugano, in dem Maria Grazia Giuffrede arbeitet.
00:13:04: Sie war dafür zuständig, dass es all diesen Texten, Wörtern, Setzen, Apertus wird.
00:13:10: Drei Monate lang wartete sie und beobachtete das System.
00:13:14: Eines Sommerabends im Juli lockte sie sich ein und sah, alle Daten waren verarbeitet worden.
00:13:34: Für sie das beste Gefühl überhaupt.
00:13:41: Das Pre-Training, also das Vortraining, wird damit abgeschlossen.
00:13:44: Das ist wirklich der große Teil des Aufwands, was Rechenleistung angeht.
00:13:49: Und entsprechend auch die Kosten.
00:13:55: Die Arbeit war damit aber noch nicht getan.
00:13:57: Die KI muss immer noch weiter lernen.
00:13:59: In diesem Pre-Training lernt die KI nur, wie ein Text weitergeht.
00:14:04: Und daraus ergibt sich ein Problem.
00:14:06: Wenn du das zum Beispiel fragst, wie viel ist zwei plus zwei, könnte die Antwort sein, wie viel ist zwei plus drei.
00:14:13: Weil es eben noch nicht gelernt hat, was ein Gespräch ist, sondern nur vielleicht aus einem Schulbuch, wo alle Aufgaben untereinander gelistet sind, wie dieser Text wahrscheinlich weitergeht.
00:14:23: Deswegen bringt man der KI bei, wie ein Gespräch funktioniert, anhand von Beispielen.
00:14:28: Aus der KI muss nun ein Gesprächspartner werden.
00:14:31: Diesen Teil des Trainings nennt man Posttraining.
00:14:34: Die KI wird sozusagen erzogen.
00:14:36: Dann braucht die KI noch Benimmregeln.
00:14:40: Sie muss zum Beispiel lernen, welche Fragen man ablehnen sollte.
00:14:43: Zum Beispiel, wenn jemand fragt, wie baue ich eine Bombe?
00:14:46: Das will man nicht beantworten.
00:14:47: Außerdem geht es um Werte.
00:14:49: Im Internet gibt es ja allerhand Sexismus, Rassismus, Antisemitismus.
00:14:55: Und bei all diesen Themen muss man der KI beibringen, welche Art von Aussagen über diese Gruppen okay sind und welche nicht.
00:15:03: Das
00:15:03: bringt uns zurück zu unserem Beispiel mit den Bewerbungen.
00:15:06: Eine künstliche Intelligenz ist nie ganz neutral.
00:15:10: Wie soll sie das auch sein?
00:15:12: Sie hat auf der Basis von Texten, Büchern und Videos gelernt, die von Menschen erstellt wurden.
00:15:18: Und Menschen sind auch nie ganz objektiv.
00:15:21: Genau deshalb müssen wir verstehen, wie und womit die KI trainiert wurde.
00:15:25: Denn das macht Verzerrungen sichtbar.
00:15:32: Emmanuel Schlaghoff, dass Apertus eine Alternative zu amerikanischen Anbildern werden kann.
00:15:37: Und das nicht nur in der Schweiz.
00:15:39: Der Name gibt vielleicht schon einen Anzeichen darauf, dass es gar nicht so schweizerisch ist, wie man es vielleicht am Anfang kommuniziert hat.
00:15:46: Es wird oft auch vom Swiss-LLM gesprochen, oder?
00:15:49: Schliessendlich ist Apertus auch der Name oder so gewählt, weil das Ziel ist nicht, dass das Modell nur für die Schweiz nützlich ist, sondern idealerweise auch als Plattform bietet für andere Länder außerhalb der Schweiz in Europa, wenn auch außerhalb von Europa für andere, sagen wir, nationale Kainin zu erreichen und mit diesen zusammenzuarbeiten, damit die vielleicht... auf uns aufbauen und wir auf sie aufbauen.
00:16:22: Ruth, die
00:16:23: ganze KI-Community, die diskutiert jetzt seit Wochen über Apertus in der Schweiz und die einen loben diesen offenen Ansatz und es gibt aber auch viele Leute, die schon so ein bisschen enttäuscht sind, weil Apertus zum Beispiel die Schweizer Kantone nicht alle korrekt aufzählen konnte oder grammatikalische Fehler machte auf Finnish oder auf Bulgarisch.
00:16:42: Was ist denn deine Einschätzung zu Apertus?
00:16:44: Wie gut ist diese SwissKI?
00:16:47: Also ja, ich verstehe die Enttäuschung, wenn man so was wie ChatGPT gewöhnt ist.
00:16:53: Und dann gibt man die Sachen bei Apertus ein und merkt, da ist es nicht konkurrenzfähig.
00:16:58: Aber ich finde auch fair, dass man das ein bisschen ins Verhältnis zu den eingesetzten Ressourcen, weil diese großen KI-Firmen, die haben tausende Leute und unendlich viele Ressourcen.
00:17:09: Und ich finde für das relativ kleine Team bei Apertus, was sie geschafft haben mit einem gewissen Anteil vom Supercomputer, Ein paar Monate Arbeit, das finde ich ziemlich gut.
00:17:19: Und auch in Benchmark sind sie auch vergleichbar mit Modellen, wo ähnlich viele Ressourcen eingesetzt wurden.
00:17:24: Also das ist für mich ein ziemlich gutes Ergebnis.
00:17:28: Unsere Experten sprachen im Interview mehrfach davon, dass es hier nicht nur darum geht, dass die Schweiz ein eigenes KI-Modell will, sondern dass es vor allen Dingen um technologische Souveränität geht.
00:17:39: Dass wir nicht abhängig sein dürfen von amerikanischen KI-Modellen.
00:17:43: Wie schätzt du denn diese Sorge ein?
00:17:45: Ist das realistisch?
00:17:47: Also ich finde schon diese Sorge berechtigt, dass man mehr und mehr eine Abhängigkeit gerät.
00:17:52: und vor allem auch rhetorisch hört man ja oft, dass Europa komplett abgehängt ist, dass wir das alles gar nicht mehr können.
00:17:59: Und da finde ich, ist Apertus eigentlich ein gutes Signal.
00:18:02: Es ist zwar nicht ganz gleich gut eben wie diese Konkurrenzmodelle, aber es zeigt so irgendwie, wir sind nicht zu blöd dafür, wenn wir genug... Energieressourcen reinstecken und Manpower, dann können wir das auch machen.
00:18:14: Und eben, wenn man es jetzt in Europa mit Steuergeld finanziert, muss man sich auch fragen, will man das?
00:18:19: Und das klingt, glaube ich, ein bisschen davon ab, ob man wirklich KI als die... Infrastruktur der Zukunft zieht, dann wäre es wichtig, dass die öffentlich auch zugänglich ist.
00:18:29: Aber wenn man sagt, es ist eine Technologie ähnlich wie ein Handy, dann sagt man ja nicht, das Staat muss jetzt ein Handy entwickeln.
00:18:35: Also ich finde, da hängt es davon ab, wie man KI einschätzt.
00:18:40: die relevant oder die tiefgreifende Veränderung, die mit dieser Technologie einhergehen.
00:18:45: Nehmen wir mal an, dass künstliche Intelligenz so einen disruptiven Charakter entwickeln wird oder schon entwickelt hat.
00:18:52: Ist der Pertus denn mit seiner Transparenz, mit dieser Offenheit konkurrenzfähig genug, um gegen OpenAI und Google anzutreten?
00:19:00: Weil ihr schon gesagt hast, das Modell ist nicht ganz so gut wie zum Beispiel JetGPT.
00:19:07: zählt das denn trotzdem, dass es diese anderen Vorteile hat oder zählt am Ende einfach nur die Leistung?
00:19:13: Das kommt ja auf den Einsatz an.
00:19:15: Wenn man jetzt so ein Allround-Modell will, wo man einfach einen persönlichen Assistenten, wo man eine Frage eingebt, man kriegt die Antwort, dann ist es nicht konkurrenzfähig.
00:19:23: Aber es gibt, das darf man nicht vergessen, auch viele kleinere Einsatzgebiete für KI, die spezialisierter sind.
00:19:29: Und ein Beispiel ist da, dass Behörden Kis bauen, um zum Beispiel Polizei Berichte zu erstellen.
00:19:35: Der Polizist geht zum Tatort, nimmt ein paar Sachen auf und daraus macht die KI da einen Bericht.
00:19:41: Und da könnte die Schweizer KI schon von Vorteil sein, weil auch ganz transparent... eben ist, wie diese KI die Daten verarbeitet.
00:19:48: Und es ist weniger obskur, als wenn man jetzt einfach im JetGPT verwenden würde für sowas.
00:19:53: Was wäre jetzt, wenn wir uns einfach nicht damit zufrieden geben wollen, dass Apparatus halt nicht ganz so gut ist wie JetGPT oder Gemini, sondern wenn wir wollen, dass Apparatus wirklich konkurrenzfähig ist?
00:20:03: Was müsste dazu in Zukunft passieren?
00:20:06: Genau,
00:20:06: weil wir nicht wollen, dass es nur... Ewig-Polizei-Berichte schreibt.
00:20:09: Da bräuchte es vor allem sehr viel Rechenkapazität.
00:20:11: Wenn wir jetzt zehnmal so viel Rechenkapazität einsetzen, dann können wir hoffen, ein Modell rauszukriegen, was ähnlich gut ist wie DeepSeek.
00:20:18: Und das ist schon ein sehr hohes Niveau.
00:20:20: Dazu muss man wissen, KI-Filmen nutzen extrem viel Rechenpower für ihre Modelle.
00:20:25: Also die haben riesige Datenzentren, die Tagausdageil nur das machen.
00:20:29: Wie viel genau weiß man gar nicht bei den größten Anbietern, also bei Google, bei OpenAI?
00:20:35: Von den besten Modellen wissen wir es nur bei DeepSeek, dieser chinesischen KI, weil die eben offener ist als die anderen.
00:20:41: Und da wissen wir, dass deren Modell ungefähr zehnmal so groß ist wie Apertus.
00:20:47: Wo soll diese Rechenkapazität dann herkommen?
00:20:50: Das ist eben die gute Frage, weil der Alpscomputer, da werden ja auch andere Sachen gemacht.
00:20:54: Zum Beispiel wird unsere Wettervorhersage dort berechnet und darauf wollen wir auch nichts verzichten.
00:20:59: Deswegen ist zum Beispiel eine Möglichkeit andere Supercomputer in Europa auch zu nutzen.
00:21:06: Man könnte sich vorstellen, dass man die so zusammenspannt und dadurch gemeinsam genugerechen Kapazitäten bereitstellt, um eben noch ein größeres europäisches Forschungsprojekt daraus zu machen.
00:21:16: Man könnte sagen, wenn die Schweizer KI wirklich auf ein hohes Niveau kommen will, dann müsste sie wahrscheinlich europäische KI werden.
00:21:28: Vielen Dank, Ruth.
00:21:29: Danke dir, Lena.
00:21:30: Am Ende geht es also nicht um ein einzelnes Modell.
00:21:33: sondern es geht um die Frage, wie viel Kontrolle möchte ein Unternehmen, eine Behörde oder ein Land über diese Technologie behalten?
00:21:42: Oder zählt am Ende nur die Leistungsfähigkeit?
00:21:45: Alle wichtigen Infos aus dieser Folge und noch weitere Inspiration findet ihr auch in unserem Quantensprung Newsletter.
00:21:51: Wie ihr dahin kommt, das schreibe ich euch in die Folgenbeschreibung.
00:21:54: Das war Quantensprung, ein Podcast über Forschung, die bewegt.
00:21:58: Ich bin Lena Waldler, wir hören uns wieder nächste Woche.
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