Dem Axolotl wachsen Beine nach. Die regenerative Medizin will das auf Menschen übertragen

Shownotes

Bis heute gibt es keine Möglichkeit, verlorene Arme oder Beine medizinisch wiederherzustellen. Auch ein durchtrenntes Rückenmark bleibt dauerhaft beschädigt. Die regenerative Medizin will das ändern. Und die Forschung am Axolotl macht vor, wie es gehen könnte. Wie können wir dem menschlichen Körper beibringen, sich selbst zu erneuern?

Host: Lena Waltle Gast: Georg Rüschemeyer, NZZ-Wissenschaftsjournalist

In dieser Folge hörst du ausserdem:

  • Elly Tanaka, ist Direktorin am Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien
  • Michael Levin, Entwicklungsbiologe an der Tufts University in Boston.

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Transkript anzeigen

00:00:00: Dieser Podcast wird präsentiert von Sustainable Switzerland.

00:00:04: Der Plattform für eine nachhaltige Schweiz.

00:00:11: Das ist Quantensprung.

00:00:13: Ein Podcast für Forschung, die bewegt.

00:00:26: Diese Geräusche macht dann Axolotl.

00:00:29: Stellt euch einen freundlichen kleinen Drachen vor.

00:00:32: Eine Kreuzung aus Salamander, Fisch und Pokémon.

00:00:36: Mit federartigen Kiemen, der ist so hellgrau oder blassroser mit fast durchsichtiger Haut und hat einen langen Schwanz mit Flosse, vier Beinchen und dunkle Knopfaugen.

00:00:47: Axolottel lächeln immer.

00:00:49: Und sie sind außergewöhnlich, denn sie können ihre Beine, Teil ihres Herzens und ihres Gehirns nachwachsen lassen und sogar durch Trend des Rückenmark selbst heilen.

00:01:00: Wenn sich das auf den Menschen übertragen ließe.

00:01:04: Dann können Schwärzschutzgelähmte wiedergehen und man kann amputierte Beine oder Arme einfach wieder nachwachsen lassen.

00:01:10: Und aus dem kann man dann auch Organe, die verletzt wurden, beim Unfall zum Beispiel, einfach sich regenerieren lassen.

00:01:15: Und die funktionieren nachher genauso wie zuvor.

00:01:18: Die regenerative Medizin versucht genau das möglich zu machen.

00:01:22: Ich bin Lena Waldler.

00:01:23: Mein Kollege Georg Rüschemey und ich wollen heute herausfinden, wie wir den menschlichen Körper beibringen können, dass er das kann, was ein Achsel lotteln kann, sich selbst erneuern.

00:01:33: Willkommen zu Quantensprung.

00:01:41: Eli Tanaka ist Direktorin am Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien.

00:01:46: Georg, selbst Biologe und Wissenschaftsjournalist der NCZ, hat sie in ihrem Labor besucht.

00:01:52: Dort forscht sie seit mehr als fünfundzwanzig Jahren an Tieren, die sie selbst heilen können.

00:02:02: Das kann

00:02:06: nämlich nicht nur Axolotl.

00:02:09: Zebrafische lassen Teile ihres Gehirns, ihre Flossen oder ihre Herzen nachwachsen.

00:02:14: Und Kakalaken und Grillen ersetzen ihre Beine.

00:02:19: Die Frage ist immer, wie viel können die regenerieren?

00:02:21: Und so die Weltmeister sind eigentlich meistens recht einfach gebautet, Tiere, die eben nicht dieses Problem haben, dass in einem Körperteil, den man dann irgendwie abtrennt, vielleicht das Gehirn sitzt normalerweise, sondern die alle ihre Körperfunktionen verteilt im ganzen Körper haben.

00:02:36: Ein bekanntes Beispiel ist der Strudelwurm.

00:02:38: Das sind so kleine Wasserlebewesen, die findet man auch hier bei uns in Teichen, aber auch im Meer.

00:02:43: Die kann man tatsächlich buchstäblich durch ein Sieb passieren.

00:02:47: Und hinten kommen dann kleine Zellklumpen praktisch nur raus.

00:02:51: Und aus jedem dieser kleinen Zellklumpen kann ein ganzer neuer Strudelwurm heranwachsen.

00:02:56: Der Mensch kann gerade mal Teile seiner Leber nachwachsen lassen.

00:03:00: Wenig beeindruckend.

00:03:01: Sonst hinterlassen Wunden nur Narben oder amputierte Gliedmaßen einen Stumpf.

00:03:06: und einmal durchtrenntes Rückenmark wächst beim Menschen nie mehr zusammen.

00:03:10: Beim Axolotl aber eben schon.

00:03:27: Die Salamanderart hat auf den ersten Blick wenig Ähnlichkeiten mit den Menschen.

00:03:31: Aber immerhin.

00:03:32: Ein Axolotl hat Beine, ein Herz, Ein Gehirn.

00:03:36: Und das ist schon mal mehr als das Strudelwurm.

00:03:38: Auch deshalb wählt der Elitarnaca die Axolotl für ihre Forschung

00:03:42: aus.

00:03:42: Der Axolotl hat ein paar entscheidende Vorteile.

00:03:45: Das erste habe ich, als ich im Labor von Elitarnaca war, auch selber mir angucken können.

00:03:51: Und zwar hat sie mir unter Mikroskop ein paar Axolotl-Larven gezeigt.

00:03:54: Und da sieht man halt, dass diese Zuchtform, die im Labor gehalten wird, die sehr hell und fast weiß ist.

00:03:59: Wenn die noch klein sind, kann man da wirklich durchgucken.

00:04:01: Und das sah wirklich ganz magisch aus da unter dem Mikroskop.

00:04:04: Also man konnte richtig den ganzen Körper durchsehen, man konnte das Herz schlagen sehen.

00:04:08: Man sah, wenn man genau hinguckte, wo das Gehirn sitzt, wo die Knochen sitzen.

00:04:13: Das heißt, man muss den Axolotl nicht aufschneiden, um zu sehen, wie er neue Gliedmaßen bildet.

00:04:18: Man kann einfach im Inneren zuschauen.

00:04:20: Und das macht das Tier so besonders.

00:04:23: Der Axelottel ist ja ein Salamander eigentlich, ein mexikanischer.

00:04:26: Aber er hat beschlossen, dass er nicht erwachsen werden will, so ein bisschen wie Peter Pan.

00:04:30: Und wächst deswegen, bleibt sein Leben lang als Larve im Wasser.

00:04:34: Er hat Keem mit denen atmet.

00:04:35: Er kann auch ein bisschen Luft zusätzlich atmen, dieses Geräusch.

00:04:38: Das war eben Axelottel beim Luftschnappen.

00:04:41: Aber das muss er meistens nicht so lange jetzt der Sauerstoffgehalt im Wasser hoch genug ist.

00:04:46: In dieser Form vermehrt er sich auch und wird alt.

00:04:49: In ihrer ursprünglichen einzigen Heimat in den Seen rund um Mexiko statt gibt es heute vielleicht noch tausend Stück.

00:04:57: Aber die meisten Axolottel leben in Aquarien oder eben in Laboren.

00:05:02: Dort wollen die Forscher herausfinden, wie der Axolottel seine Gliedmaßen und Organen nachwachsen lässt.

00:05:11: Trennt man dem Axolottel einen Arm ab.

00:05:13: So wächst dieser innerhalb weniger Monate komplett nach.

00:05:16: Keine Narbe, keine Einschränkungen.

00:05:19: Es ist, als wäre nichts passiert.

00:05:27: Das

00:05:27: klappt aber nur unter einer Voraussetzung.

00:05:30: Ein neuer Arm wächst nur nach, wenn der alte vollständig abgetrennt wurde.

00:05:41: Das ist wichtig.

00:05:42: Denn sonst würde der Axolotl ja bei jeder kleinen Schnittwunde einen neuen Arm bauen.

00:05:48: Die Zellen bekommen also irgendeine Art von Signal, das ihnen sagt, wann ein neuer Arm wirklich nötig ist.

00:05:55: Was Forscher wie Elliot Tanaka in den letzten Jahren herausgefunden haben, sind eben genau diese Signale, die es braucht, damit sich da ein neuer Arm bildet.

00:06:02: Erst einmal haben sie herausgefunden, dass ein Nerv dort in dieser Wunde ist, also ein größerer Nerv, was natürlich beim abgeschnittenen Arm immer der Fall ist.

00:06:11: Und das andere ist ganz faszinierend.

00:06:14: Sie haben herausgefunden, dass Zellen aus der Vorderseite und der Rückseite des Armes, die müssen miteinander kommunizieren, damit ein neuer Arm wachsen kann.

00:06:23: Und das muss zusammenkommen mit diesem Nervensignal und dann ist alles da, was es braucht für einen neuen

00:06:27: Arm.

00:06:28: Die Zellen starten den Bau eines neuen Arms nur, wenn sie zwei Dinge bekommen.

00:06:33: Erstens das Signal vom Nerv und zweitens Signale zwischen der Vorder- und der Rückseite des Arms.

00:06:39: Sie haben da ganz coole Experimente gemacht, indem sie eben auf der Vorderseite des Arms von einem Axelertl eine relativ kleine Wunde nur erzeugt haben.

00:06:48: Und dann aber chirurgisch praktisch einen der großen Nerven, die den Arm reinführen, in diese Wunde reinverlegt haben.

00:06:56: Der gibt also schon mal dieses eine Signalböder, das wir gesprochen haben.

00:06:59: Und dann haben sie noch ein kleines Stück Haut aus der Rückseite des Arms in diese Wunde auch nach vorne verpflanzt.

00:07:05: Und damit waren diese beiden Bedingungen sozusagen gegeben und tatsächlich wächst dann an dieser Stelle ein kompletter neuer Arm.

00:07:11: Auf dem vorhandenen Arm wächst dann noch ein zweiter Arm.

00:07:14: Diese Kombi aus Signalen sorgt also dafür, dass die Zellen wissen, wir müssen die Wunde schließen oder wir müssen einen neuen Arm bauen.

00:07:22: Also als allererstes bildet sich da so eine dünne Zellschicht auf der Wunde, die einfach wie ein Pflaster funktioniert, die dafür sorgt, dass da keine Bakterien oder andere Krankheitserreger reinkommen können.

00:07:32: Und als zweiter Schritt bildet sich unter diesem Pflaster ein, was erst mal nur wie so ein Zellhaufen aussieht, das nennt man das Blasthemen.

00:07:39: Und die Zellen in diesem Blasthemen, die kriegen eben diese Signale, die wir gerade besprochen haben, die ihnen sagen, oh, hier fehlt ein ganzer Arm, also hier gibt es richtig was zu tun, wir müssen einen neuen Arm bilden.

00:07:49: Und was passiert in diesen Zellen?

00:07:50: Die müssen jetzt erst mal ein bisschen zurückprogrammiert werden im ersten Schritt.

00:07:53: Das heißt, sie gehen zurück in einen Zustand, ein bisschen wie ein Embryo, wo sie wieder sehr viele Möglichkeiten haben, sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln und dann von dort aus, welchen Teil dieses fehlenden Arms ersetzen wird.

00:08:06: Es ist ein bisschen wie bei einem Embryo.

00:08:08: Aus einem Zellhaufen entwickelt sich Stück für Stück ein Baby.

00:08:11: Nach ungefähr einem Monat beginnt eben, dieses Plasthemen auszuwachsen.

00:08:15: Und dann sieht man, wie sich da eben Knochen bilden, Knorpel bildet, wie sich die Haut bildet, wie sich am Ende so eine Abflachung erst mal nur bildet.

00:08:23: So eine Art Paddel, die dann zur Hand wird, aus der dann die fünf Finger raussprossen.

00:08:31: Die Zellen wissen aber nicht nur, dass sie einen neuen Arm bilden sollen, sie wissen auch ganz genau, welchen Teil sie wachsen lassen müssen.

00:08:39: Also wenn man zum Beispiel einen Schnitt am Oberschenkel setzt, dann wächst das komplette Bein nach, inklusive Knie.

00:08:46: Schneidet man nur den Fuß ab, wächst auch nur der Fuß nach.

00:08:49: Das ist genau das Faszinierende an dieser Regleration des Axelottelbeins, dass eben offensichtlich da so eine Art Gedächtnis da ist, also von den Zellen, die genau in der Schnittstelle sitzen.

00:09:00: die wissen offensichtlich, was sie vorher waren oder wo sie sitzen.

00:09:04: Und sie können daraus auch ableiten, was fehlt und daraus auch ableiten, was sie jetzt alles bilden müssen aus diesem Blasthemen heraus.

00:09:13: Und wie genau dieses Positionsgedächtnis funktioniert, das ist jetzt die ganz große heiße Forschungsfrage eigentlich im Augenblick, an der ja auch Elyta Nacker arbeitet.

00:09:26: Wenn das so eine nützliche Fähigkeit ist, warum können das dann Säugetiere nicht, also auch wir Menschen nicht?

00:09:32: Ja, dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze, aber denen, die mir Elitarnaca jetzt als den plausibelsten präsentiert hat, ist der folgende.

00:09:48: Und zwar so ein Axelottel, das kommt ganz gut, mal auch eine Weile lang mit drei Beinen zurecht und hat sozusagen dann Gelegenheit, ein neues Bein wachsen zu lassen, während es immer noch halbwegs gut damit auf die Jagd gehen kann und auch vor irgendwelchen Räubern davon schwimmen kann in seinem natürlichen Lebensraum.

00:10:14: Jetzt

00:10:14: bei Menschen oder auch bei anderen Säugetieren wäre das anders.

00:10:17: Also zum Beispiel ein Reh mit seinen vier Beinen, wenn da ein Bein fehlt, das ist eigentlich nicht mehr überlebensfähig.

00:10:23: Das heißt, das hat jetzt nicht ein paar Monate Zeit, ein neues Bein wachsen zu lassen, das wird einfach sterben.

00:10:28: Und deswegen macht es evolutionär wenig Sinn, dem so eine Regenerationsfähigkeit mit auf dem Weg zu geben.

00:10:43: Unsere vor vor vor vor vor vor fahren, vor etwa vierhundert Millionen Jahren, die konnten sich noch selbst regenerieren.

00:10:52: Die sahen allerdings selbst auch noch aus wie Molche und Lurche.

00:10:56: Es müsste also grundsätzlich möglich sein, dass wir das wieder lernen.

00:11:00: Die Frage ist nur, wie?

00:11:02: Elita Nacke ist eigentlich ganz optimistisch.

00:11:04: Sie sagt, oder ihre große Hoffnung ist, dass, wenn man diese ganzen Kommunikationswege zwischen diesen verschiedenen Zellen, wenn man die besser versteht und genau versteht, dass man dann eben auch die Chance hat, diese Signalwege im Menschen wieder zu aktivieren.

00:11:18: Weil sie denkt, dass die Signalwege entweder noch da sind, nur sozusagen abgestellt bei uns.

00:11:24: oder dass selbst wenn sie im Laufe der Evolution verloren gegangen sind, dass es Möglichkeiten geben kann, sie mithilfe gentechnischer Methoden zum Beispiel wieder in uns einzubauen.

00:11:40: Michael Levin sieht keinen Grund, warum das nicht irgendwann beim Menschen klappen sollte.

00:11:53: Der Entwicklungsbiologevorstander Tafts University in Boston.

00:12:03: Während Eli Tenaka die Grundlagen liefert und erforscht, wie Lebewesen ihre Gliedmaßen und Organe nachwachsen lassen, geht Michael Levin noch einen Schritt weiter.

00:12:12: Denn er will verstehen, wie man Zellen gezielt steuern kann, wie man ihnen sagen kann, was sie genau machen sollen.

00:12:28: Er

00:12:29: hatte satt, dass die Antwort auf die Frage, warum ein Tier oder eine Pflanze eine bestimmte Form haben, immer lautet, das ist eben die Evolution.

00:12:39: Er will das ändern.

00:12:44: Eines Tages wird es ganz neue Körperformen geben.

00:12:47: Selbst verrückte Schöpfungen wie Frösche mit sieben Beinen will Levin möglich machen.

00:13:02: Wir sind gleich zurück.

00:13:06: Gemeinsam für eine nachhaltige Schweiz.

00:13:09: Die Plattform Sustainable Switzerland zeigt ihr neue Erkenntnisse aus Wirtschaft und Wissenschaft und bringt wichtige Akteure zusammen.

00:13:18: unterstützt von den Partnern BCG, BMW, Dimobilia, Google, Swisscom, UBS und weiteren.

00:13:27: Fakten, Hintergründe und Infos findest du unter Sustainable Switzerland.ch.

00:13:39: Michael Levin experimentiert an Fröschen.

00:13:42: Anders als Axel Lottl können erwachsene Frösche sich eigentlich keine neuen Arme und Beine wachsen lassen.

00:13:50: Nur Levins Frösche.

00:13:51: Die können das.

00:13:52: Er hat diesen Fröschen auch ein Bein abgeschnitten und normalerweise entwickelt sich da, wie jetzt bei Menschen auch, würde sich da nur so ein Stumpf entwickeln.

00:13:58: Aber er hat eben einen speziellen Cocktail aus Wirkstoffen, aus Medikamenten genommen und diesen Stumpf damit behandelt, direkt nach dem Schnitt.

00:14:07: Und tatsächlich ist geschafft, diesem Stumpf dieses Signal auch zu geben.

00:14:10: Hier nicht Narben bilden, sondern hier muss ein neuer Arm hin.

00:14:20: Das Besondere daran ist, dass nur diese einmalige Behandlung durchführen müsste mit diesem Medikamenten-Cocktail.

00:14:27: Und es geschafft hat, die Zellen von da ab eigentlich auf so einen eigenen Programmweg zu schicken, den sie dann eigenständig bis zur Fertigstellung dieses neuen Beins durchgezogen

00:14:36: haben.

00:14:37: Das Froschbein ist noch nicht so perfekt nachgebildet wie das des Axolotteln.

00:14:41: Aber der Ansatz ist da.

00:14:43: Und, was bei Fröschen, also am Fibien geht, sollte auch bei kleinen Säugetieren wie Mäusen funktionieren, sagt Levin.

00:14:51: Und dann sei es auch gar nicht mehr weit bis zum Menschen, denn unser Organismus

00:14:55: sei

00:14:55: jetzt auch nicht so besonders speziell.

00:15:02: Aber ganz so einfach ist das natürlich nicht.

00:15:05: Um nämlich den Zellen diesen Befehl zu geben, dass sie jetzt ein neues Körperteil bilden sollen, muss man ja mit den Zellen kommunizieren können.

00:15:14: Im Ansatz hat es bei den Fröschen bereits funktioniert.

00:15:17: Es gibt eigentlich zwei wichtige Wege, mit denen Zellen miteinander kommunizieren.

00:15:20: Das eine sind eben so chemische Botenstoffe, die in ganz vielen Varianten auch durch den ganzen Körper geschickt werden können.

00:15:26: Man kennt das von Hormonen zum Beispiel.

00:15:28: Und ein anderer ganz wichtiger Weg, wie Zellen miteinander kommunizieren, sind elektrische Signale.

00:15:33: Das kennt man von so nerven Zellen vielleicht.

00:15:35: Da geht ja alles sehr elektrisch ab.

00:15:37: und auch benachbarte Zellen kommunizieren über elektrische Signale miteinander.

00:15:41: Aber die Kombination von chemischen und elektrischen Signalen gibt eben den Zellen, Informationen zum Beispiel, wo bin ich, wer sind meine Nachbarn, was muss ich machen, wenn ich hier das Signal kriege, dass hier eine Verletzung stattgefunden hat und ich jetzt einen neuen Arm bilden muss zum Beispiel.

00:15:56: Und genau das versucht Levin.

00:15:58: Er will die Sprache der Zellen lernen, um ihnen dann ganz genau sagen zu können, was er von ihnen will.

00:16:08: Levin's Ambition geht über das Reparieren von Körpern hinaus.

00:16:18: Denn

00:16:18: er sieht nicht einen, warum wir uns mit einem Körper zufrieden geben sollten, den uns der Zufall der Evolution zugespielt hat.

00:16:32: Nicht, wenn wir den Zellen sagen können, was sie tun sollen.

00:16:42: jedes einzelne Teil erst mal zu verstehen, um dann dieses komplette System nachbilden zu können, während Levin sehr optimistisch sagt, das brauchen wir alles gar nicht.

00:16:51: Wir müssen nur irgendwie dieses Anfangssignal irgendwie gescheit hinbekommen und den ganzen Rest erledigen die Zellen dann wie von selbst.

00:16:58: Es geht beyond that, so that everyone can have the embodiment that they want, the opportunity to pursue their dreams and their full potential in a way that isn't limited by the vagaries of chance, is I think one of the most important things for humanity.

00:17:20: Georg, ist das noch eine Forschungsrichtung, die wir wirklich wollen?

00:17:24: Ja, ich weiß nicht genau, wofür ein propeller Frosch gut sein soll und ob das irgendwie noch ein respektvoller Umgang mit einem Versuchstier ist.

00:17:31: Wir müssen uns ja sowieso... immer fragen, wenn wir mit Tieren irgendwelche Versuche machen, ob das auch wirklich gerechtfertigt ist.

00:17:36: Aber ich glaube, das ist natürlich auch so ein etwas überzogenes Bild, was Michael Levin da uns präsentiert, einfach um uns mal so die Möglichkeiten vorzustellen.

00:17:45: Aber er spricht ja schon davon, dass er körper schaffen will, also auch menschliche Körper schaffen will, die alles sein können, wie sie wollen.

00:17:52: Menschen mit drei Armen, vier Beinen.

00:17:55: Was hältst du denn davon?

00:17:57: Also ich persönlich finde das ziemlich krass und beruhige mich damit, dass es natürlich noch wahnsinnig weit weg ist, bis wir wirklich diese Möglichkeiten hätten.

00:18:05: Mich erinnert es so ein bisschen an Frankenstein, der auch geschöpft wird, zusammenbaut aus einzelnen Bauteilen.

00:18:11: Aber man kann sich natürlich auch fragen, was ist daran eigentlich so schlimm?

00:18:14: Michael Levin hat damit offensichtlich kein großes Problem.

00:18:17: Ja,

00:18:17: er hat kein Problem damit, weil er natürlich nur die Vorteile und den Nutzen sieht.

00:18:22: Ich glaube, man muss das Ganze eben im Kontext sehen und sich überlegen, was sind jetzt die wirklich total gut begründbaren medizinischen Fortschritte, die mit dieser Forschung zu erreichen sein könnten.

00:18:32: Und wenn ich daran denke, dass man vielleicht Rückenmarkverletzungen wiederheilen könnte oder dass man schwere Verletzungen und abgeschnittene Arme oder sowas nach dem Unfall wiederherstellen könnte, dann würde ich sagen, da ist der wahre, eindeutige, unbestreitbare Nutzen.

00:18:48: Und ich glaube, das ist ein bisschen wie bei jeder neuen Technologie.

00:18:51: Die kannst du halt einsetzen für Sachen, die ziemlich über jeden Fall für wir haben sind, für medizinisch sinnvoller... neue Behandlungsmethoden oder du kannst sie einsetzen für etwas verrückte Ideen, die manche Leute auch haben.

00:19:07: Ich glaube, wir sind noch nicht an dem Punkt, dass wir uns jetzt schon entscheiden müssen, ob wir das eine oder das andere machen wollen und das andere vielleicht nicht, sondern jetzt sind wir erst mal an dem Punkt, dass wir die Grundlagenforschung machen müssen.

00:19:17: Gibt es denn auch an dem jetzigen Punkt und welche Risiken über die du dir Gedanken machen würdest?

00:19:22: Also ich glaube, immer wenn man mit solchen Stammzellen arbeitet, also mit Zellen, die wieder in so einen Urzustand zurückversetzt werden, muss man sich ein bisschen überlegen, ob da nicht auch die Gefahr besteht, dass sie sich dann vielleicht entscheiden, Krebszellen zu werden und sich wie will zu vermehren.

00:19:37: Das wäre so ein Bedenken, den man auf jeden Fall haben sollte und ist da auch sehr vorsichtig mit sein sollte.

00:19:42: Du hast davor gesagt, dass viele dieser Anwendungen noch in ferner Zukunft liegen.

00:19:46: Also zum Beispiel, dass Rückenmark wieder zusammenwachsen kann oder dass sich ein Mensch wirklich einen Arm nachwachsen lassen kann.

00:19:52: Aber gibt es schon irgendwas, was ein bisschen in näherer Zukunft reifbar wäre?

00:19:58: Ein gutes Beispiel wäre da die Haut.

00:20:00: Das ist ja auch ein riesenmedizinisches Problem.

00:20:02: Leute mit Verbrennungen zum Beispiel, die haben großflächig dann unter Umständen, keine Haut mehr, nur noch so Narbengewebe, was eben die ganzen tollen Funktionen, die die Haut so leistet, nicht mehr ausüben kann.

00:20:12: Und da wäre es ein riesenmedizinischer Fortschritt schon, wenn man es schaffen könnte, neue Haut wachsen zu lassen.

00:20:18: Und da glaubt Eli Tanaka zum Beispiel auch schon wesentlich näher dran zu sein, als zum Beispiel am Nachwachsen eines ganzen Armes.

00:20:28: Ihr könnt Quantensprung nicht nur hören, sondern auch lesen.

00:20:31: Im Newsletter findet ihr die wichtigsten Fakten aus der Folge auf einen Blick und zusätzlich noch weiteren Lesestoff.

00:20:37: Den Link zur Anmeldung findet ihr in den Shownotes.

00:20:40: Das war

00:20:40: Quantensprung.

00:20:41: Ein Podcast über Forschung, die bewegt.

00:20:43: Ich bin Lena Waldle.

00:20:44: Wir hören uns wieder nächste Woche.

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